Interview mit Eva-Lisa

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Eva-Lisa stand im Jahr 2019 im Finale der NRW-Meisterschaften. Mit ihren gesellschaftskritischen, unterhaltsamen und teils humoristischen Texten kann sie jede Poesieshow beliefern und was in ihrem Textpaket steckt, ist bekanntlich sehr gut.
Was fühlst du, wenn du anmoderiert wirst?
Das hängt natürlich von der Anmoderation ab. Ich mag es nicht so gerne, wenn da vorab schon gelobhudelt wird. Zum einen, weil ich nicht möchte, dass irgendjemand durch die Moderation bevorzugt wird und zum anderen, ganz egoistisch, weil es für mich dann schwieriger ist, vor ein Publikum mit großen Erwartungen zu treten. Ich finde es immer interessant, was andere über mich zu sagen haben, aber wenn mir das zu lange dauert, laufe ich schon mal los zur Bühne. Generell laufe ich immer, wenn ich mich unwohl fühle.
Unter welchen Gegebenheiten fühlst du dich am kreativsten?
Ich fühle mich eigentlich nie besonders kreativ. Manchmal fühle ich mich aber sehr inspiriert, das passiert vor allem dann, wenn ich mit anderen Kunstschaffenden zusammen bin und mir ihre Arbeiten angucken kann.
Was hat dich überhaupt zum Poetry Slam gebracht?
Vor langer, langer, wirklich sehr langer Zeit habe ich mit Rainer Holl zusammen an der Uni Latein lernen müssen. Da muss man das, was an einer Schule in fünf Jahren vermittelt wird, in 10 Monaten lernen. Es war wirklich hart.
Eigentlich sollte ich was über Slam erzählen, nicht wahr? Also, Rainer hat damals schon mit Slam angefangen. Ich habe ihm im Subrosa mal zugeguckt und fand das schon cool, aber erst als Rainer mich zehn Jahre später zu einem Workshop eingeladen hat, habe ich selbst mit dem Schreiben von Bühnentexten angefangen.
Tldr: Latein war‘s.
Mittlerweile bist du stark in die Slam-Szene integriert und auch bereits im Autokino aufgetreten. Wie fühlt es sich an, dort Künstlerin bei einer Slam-Veranstaltung zu sein?
Autokino, hm? Das ist eine ganz eigene Sache. Ich hatte mehrere Autokino-Shows während Corona und ich kann verstehen, dass viele Auftretende das nicht mögen, weil es kein oder nur kaum Feedback gibt und man die Zuschauenden nicht sehen kann. Man spielt und spricht eher in einen leeren Raum hinein. Ich mag es trotzdem. Allerdings kenne ich das auch vom Online-Unterricht, da spricht man auch des Öfteren mal in einen leeren Raum. Und meine Stimme kommt aus dem Autoradio, wie cool ist das bitte?
Aber eine Sache vereint deine Auftritte, ob im Autokino oder vor sichtbarem Publikum, definitiv: Wie schaffst du es, nach deiner Anmoderation so elegant auf die Bühne zu springen und dann noch genug Luft für das Lesen deines Textes zu haben?
Springe ich elegant auf Bühnen? Ich kann mich schlecht selbst dabei beobachten, aber vielen Dank. Ich schätze, es kommt daher, dass ich mich zu vierzig Prozent von Karotten ernähre.
Seit 2020 bist du auch Poetin bei Jazz Slam-Veranstaltungen. Was macht solch eine Veranstaltung für dich besonders?
Jazz Slams habe ich zwar schon bespielt, aber noch nicht verstanden. Ich habe bei einigen Shows zugeschaut und war fasziniert von den Darbietungen, aber meine eigene Vorstellung hat mich enttäuscht. Mir fällt die Spontanität daran schwer, ich würde lieber wie im Orchester alles vorher zwanzigmal üben (den Tusch exakt eine Sekunde nach der Pointe, nicht zwei!), damit es perfekt passt – das geht natürlich bei Jazz nicht. Und was spontan passiert, kann auch gut sein und witzig und schön, aber in mir bleibt immer das Gefühl, dass ich das mit mehr Vorbereitung besser hätte machen können.
Nun ein paar „persönlichere“ Fragen:
Wir haben gehört, dass du Dozentin bist. Lässt du die Lernenden eigentlich manchmal deine selbstgeschriebenen Texte analysieren?
Niemals. Um Himmels Willen. Kreatives Schreiben hat leider in den Lehrplänen recht wenig Raum, aber wenn, dann sollen die Lernenden selbst etwas verfassen.
Wenn wir schon beim Thema sind: zeig uns gerne einen Ausschnitt aus einem unfertigen Text von dir!
Ich habe mal angefangen, für einen Text alle Lügen aufzuschreiben, die ich so höre und selbst von mir gebe. Meine Lieblingszeile daraus ist: „Dieses Semester wird alles besser.“
Was war bisher dein schönster Slam-Moment?
Mein allererster Bühnentext, der bei einem Workshop entstand und nie so geplant war, handelt vom Tod meiner Mutter und beschreibt vor allem ihre letzten Tage auf einer Palliativstation. Aufgrund dieses Textes werde ich immer mal wieder zu Themenslams mit Krebsbezug eingeladen und zu Beginn des Jahres 2020 wurde ich von einer Ärztin angefragt, die auch auf einer Palliativstation arbeitet. Eine junge Patientin hatte auf ihrer Bucket List stehen, einmal an einem Poetry Slam teilzunehmen und die fantastische Ärztin hat deswegen im Uniklinikum einen Slam extra für sie organisiert. Wir hatten ein bombiges Line-up, aber die Stars des Abends waren definitiv die Ärztin und natürlich die Patientin mit ihren bewegenden Texten. Der Hörsaal der Uni platzte vor Zuschauenden aus allen Nähten. Ich habe sehr viel geweint bei diesem Slam, aber auch so viel Liebe gespürt – den Abend werde ich nie vergessen.
Was bedeutet für dich persönlich der Begriff „Slamily“?
Ich denke, es ist die Definition des Gefühls, das alle Auftretenden im Poetry Slam kennen. Auf eine Bühne zu gehen, kann angsteinflößend sein, aber wenn im Backstage jemand sitzt, den man schon kennt, fühlt man sich gleich ein bisschen mehr willkommen. Außerdem gibt es so viele szeneinterne Geschichten. Als ich vor einiger Zeit in Luxemburg aufgetreten bin, kannte ich kaum jemanden aus dem Line-up richtig gut, aber wir hatten alle gemeinsame Freund:innen aus der Szene und gemeinsame Erinnerungen an Slamorte, das schuf eine gute Basis für vertraute Gespräche.
Bist du eigentlich nervös, bevor es auf die Bühne geht?
Ja, sehr. Und leider. Je entspannter ich bin, desto besser wird meine Performance, aber je größer mein Wunsch danach ist, eine gute Show abzuliefern, desto schlechter wird sie. Andererseits ist das genau ein Grund, warum ich mit Poetry Slam angefangen habe: Ich wollte über meine Wohlfühl-Grenzen gehen.
Vor dir haben wir Alex interviewt, folgende Frage hat er uns für die nächste Person, die interviewt wird (in dem Fall du) vorgeschlagen: Wenn du unterwegs bist, guckst du da auch mal öfters nach oben?
Nein, niemals. Stellt euch vor, mir fiele ein Klavier auf den Kopf. Wenn ich in dem Moment heraufblicken würde, wäre das Letzte, was ich sehe, ein Klavier von unten. Wie tragisch wäre das bitte. Wusstet ihr, dass Hunde nicht nach oben gucken können? Es ist anatomisch nicht möglich.
Zum Abschluss:
Was ist dein Lieblingsgegenstand in deinem Wohnzimmer?
Das ist ziemlich sicher mein Sofa. Ich bin passionierte Sofa-Schläferin.
Was würdest du der Person nach dir für eine Frage stellen (wir verraten nicht, wer das ist)?
Was würdest du gerne mal auf einer Bühne machen, hast dich aber noch nie getraut?
Was ist dein größter Traum im Bereich Poetry Slam?
Mein nächstes großes Ziel ist es, einen eigenen Slam zu haben. Ich träume von einer Veranstaltungsreihe mit Stammpublikum, das ich jeden Monat mit neuen Gimmicks, verrückten Showideen und tollen, diversen Line-ups beglücken darf.