Interview mit Hanna Flieder

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Die Essenerin Hanna Flieder steht als Musikerin, Slammerin und Moderatorin auf Bühnen. 2017 kam sie ins Finale der U20-NRW-Meisterschaften im Poetry Slam, im Jahr 2018 wurde sie für die altersuneingeschränkten NRW-Meisterschaften nominiert und stand im Finale der Essener Stadtmeisterschaften. Nachwuchsarbeit, auch im Bereich Poetry Slam, liegt ihr sehr am Herzen, weshalb sie den „New Generation“-Slam in Essen ins Leben gerufen hat.
Was fühlst du, wenn du anmoderiert wirst?
Tatsächlich fühle ich immer noch Aufregung. Aber nicht diese Lampenfieber-Aufregung. Es ist einfach eine Aufregung wegen der Verantwortung, die ich in den nächsten sechs Minuten haben werde. Alles, was ich sage, kann wichtig werden, Emotionen auslösen, Gedanken ankurbeln oder Fragen aufbringen. Deswegen bin ich mir über die Stärke eines jeden Auftritts bewusst und habe diese Verantwortungs-Aufregung. Aber die macht auch, dass ich total „on fire“ bin, denn Aufregung empfinde ich grundsätzlich als etwas Gutes, weil es einen in Bewegung hält.
Unter welchen Gegebenheiten fühlst du dich am kreativsten?
Ich fühle mich oft kreativ, wenn ich in der Natur bin und Musik höre. Da habe ich das Gefühl, dass es ganz viel Raum und Platz für meine Gedanken gibt, und dann wollen die auch raus.
Hast du einen Lieblingsslamtext und wenn ja, welcher ist das?
Nein, einen Lieblingstext habe ich nicht. Denn es passiert superschnell, dass mich ein neuer Text fängt und fasziniert, deswegen ist es eigentlich ein ständiges aufeinanderfolgendes Ablösen von Lieblingstexten.
Was fasziniert dich an der Pflanze Flieder so sehr, dass du sie in deinen Künstlerinnennamen integriert hast?
Ich verbinde mit Flieder einen sehr heimatlichen Duft. Denn er steht im Garten unseres Ferienhauses in der Eifel, was ich viel mehr mit Heimat verbinde als die Stadt, in der ich tatsächlich wohne. Der Duft gibt mir ein gutes Gefühl, weil er nach Sommer und zuhause riecht. Außerdem sitzen immer ganz viele Schmetterlinge auf Fliederbüschen und der Schmetterling an sich und in seinen Eigenschaften passt sehr gut zu mir. Und übrigens: Die Blüten von Flieder sind unfassbar flauschig!!
Zusätzlich zum Schreiben singst du gerne, wie man an deinen Instagram-Beiträgen gut sehen kann. Was ist dir bei Songs wichtiger: die Qualität des Songtextes oder der musikalischen Komponente?
Auf jeden Fall die Qualität des Songtextes. Vor allem, weil ich besser singen und schreiben kann, als Gitarre zu spielen. Deswegen muss der Songtext auf jeden Fall passen. Ich tue mich von daher auch schwer mit Liedern, zu denen ich keinen textlichen Bezug finde.
Was ist dir denn bei Slam-Texten wichtiger: wie sie vorgetragen werden, oder wie sie geschrieben sind?
Finde ich schwierig zu sagen. Ich entscheide das bei jedem Text spontan, je nachdem was mich mehr packt. Ein Text kann zum Beispiel fantastisch geschrieben sein und dann stört es mich nicht, wenn der:die Künstler:in ihn „nur“ vorliest. Ein Text kann jedoch auch inhaltlich nicht stark sein, aber dafür mit super viel Feuerwerk vorgetragen werden und das haut mich dann auch weg.
Nun ein paar „persönlichere“ Fragen:
Auf welche Formulierung bist du besonders stolz?
„Herz an und Hass aus.“ Das ist aus meinem Text „Fremde Angst“ (Youtube Video des Textes). Ich habe das damals einfach so „hingeschrieben“ und mir nicht weiter Gedanken darüber gemacht. Aber es war wohl der Satz, auf den mich die meisten Menschen angesprochen haben, und dann habe ich ihn nochmal angeschaut und bemerkt, dass in ihm eine sehr einfache, aber tiefe Bedeutung steckt.
Schonmal einen unangenehmen Bühnenunfall gehabt? Erzähl uns davon!
Oh ja. Ich bin schonmal eine Treppe hochgefallen. Die Bühne war superdunkel und ich habe einfach die letzte Stufe nicht gesehen. Da war ich dann schneller am Mikro, als ich gedacht hatte.
Man munkelt, du habest im Arbeitsleben mit Kindern zu tun. Beeinflusst der Umgang mit den jungen Menschen dein kreatives Schreiben und wenn ja, inwiefern?
Ja, absolut. Denn es ist mir sowohl bei der Arbeit als auch auf der Bühne wichtig, dass Kinder ernstgenommen werden und ihnen zugehört wird. Sie haben eine so unbeschwerte und natürliche Sicht auf die Dinge, sie haben keine Vorurteile und sind einfach echt. Da können wir uns als Erwachsene wirklich viel von abschauen. Deswegen bin ich bemüht, diese Sicht zu übernehmen und in meine Texte einfließen zu lassen. Außerdem betone ich sehr oft, dass es wichtig ist, Kindern eine Stimme zu geben, denn eigentlich sind sie viel schlauer als Erwachsene, weil sie noch nicht so „geerdet“ sind, sondern mit dem Kopf noch in den Wolken stecken und ihre Sicht auf die Dinge deswegen viel höher und weiter ist.
Vor dir haben wir Abdul interviewt. Folgende Frage hat er uns für die nächste Person, die interviewt wird (also in dem Fall für dich), vorgeschlagen: Hast du heute schon in den Spiegel geschaut und gesehen, wie toll du bist?
Eine schöne Frage. Das habe ich bestimmt schonmal gemacht, ja. Aber ich glaube, dass wir das alle viel öfter tun sollten.
Zum Abschluss:
Lieber nie wieder Süßigkeiten oder nie wieder Poetry Slam?
Nie wieder Slam? NO WAY!
Auf Süßigkeiten könnte ich gut verzichten, stehe eh mehr auf Salzigkeiten.
Was würdest du der Person, die nach dir interviewt wird, für eine Frage stellen (wir verraten nicht, wer das ist)?
Wenn du dir jetzt den Himmel anschaust, an was denkst du dann?
Was ist dein Lieblingsgegenstand in deinem Wohnzimmer?
Mein dickes Einhorn, das auf meinem Sofa liegt. Denn es flauscht doll und ist pink.
Was ist dein größter Traum im Bereich Poetry Slam?
Mein größter Traum in diesem Bereich ist, dass Poetry Slam populärer wird und mehr in die öffentlichen Medien kommt. Ich denke, dass wir noch mehr Reichweite brauchen, da superwichtige Dinge auf der Bühne erzählt werden. Und die sollten von vielen gehört werden.